[:de]Erbsen wurden früher anders gegessen als heute. Das Beispiel der Gommer Suppenerbse zeigt, wieso alte Sorten oft verschwinden. Dennoch sind sie wichtig, um künftigen Generationen eigene Chancen zur Entwicklung von Sorten zu geben.

Peter Züblin, ehemaliger biologisch-dynamischer Landwirtschaftsberater und Begründer des Sortengartens, entdeckte zu Beginn der 80er Jahre im Wallis noch Landwirte mit eigenen alten Sorten. Eine lange Tradition konnte dort noch überleben, nämlich die Tradition der Hof- oder Familieneigenen Sorten. Diese wurden immer angebaut, Saatgut wurde beiseitegelegt und die Sorte wurde innerhalb der Familie weitergegeben. Noch bis in die 90er Jahre waren solche Sorten in traditionellen Anbausystemen noch zu sehen, es wurden immer weniger und Ende der 90er Jahre waren sie ganz verschwunden. Ich habe selber von etlichen Landwirten solche Sorten erhalten und pfege diese nun im Sortengarten Erschmatt. Andere erhielt ich von Peter Züblin, der damit den Grundstein für die Getreideaktion der Schweizer Bergheimat gelegt hat.

Eine dieser Sorten, die er retten konnte, ist die Gommer Suppenerbse. Er konnte sie beim Bauern Gregor Walpen in Reckingen ausfindig machen und einige Portionen Saatgut davon erhalten. Er gab diese Samen einigen Personen seines Vertrauens weiter. Allen erzählte er, dies seien die letzten Körner dieser Sorte und wir müssten sie sorgfältig behandeln.

Die Gommer Erbse wird gut einen Meter hoch und muss gestützt werden. Die Körner können auch grün geerntet und als Frischgemüse verwendet werden. Sie werden jedoch schneller mehlig als die heutigen Zuckererbsen. Bei den Zuckererbsen ist die Umwandlung des Zuckers in den Vorratsstof Mehl gebremst. Sie bleiben deshalb lange süsslich und werden nicht mehlig. Für die Pfanze ist dies ein Nachteil, da sie Mühe hat, keimfähige Samen auszubilden. Wer schon Samen von Zuckererbsen gesteckt hat, kennt diese runzligen Samen, die ihre Keimfähigkeit schon nach einem Jahr verlieren. Sorten mit runden, voll ausgebildeten Samen bleiben über Jahre keimfähig.

Früher waren die mehligen Erbsen interessanter, da ihr Nährwert grösser ist. Sie können gemahlen und dann für Suppen oder Brot verwendet werden. Oder man weicht sie ein, kocht sie und bereitet sie gedünstet oder zu einem Mus zerstossen zu. Ferner sind diese Erbsenkörner ohne Probleme lagerbar. Vor der Erfndung von Konservendosen und Tiefkühlern war diese einfache Lagermethode wichtig.

Das Beispiel zeigt: die Bedürfnisse und Vorlieben der Menschen ändern sich. Über lange Zeit verwendete Sorten sind plötzlich nicht mehr gefragt. Sie verschwinden vom Markt und drohen ganz zu verschwinden, wenn sich nicht LiebhaberInnen oder Erhaltungsorganisationen darum kümmern. Aber wieso sollen sie nicht verschwinden, wenn niemand sie will? Weil „niemand“ nur heissen kann: im Moment gibt es keinen Markt dafür. Und später? Gibt es später eventuell eine Zeit, in der solche Sorten wieder gefragt sind? In der es wieder wichtig ist, Sorten mit einem hohen Nährwert zu haben, um auf wenig Fläche seine Nahrung herstellen zu können? Wie können wir heute festlegen, was unsere Nachkommen brauchen könnten und was nicht? Deshalb müssen wir heute eine möglichst grosse Zahl von Sorten erhalten, damit unsere Nachkommen eine möglichst grosse Auswahl haben. Nur so können wir ihnen die Chance geben, ihre Zukunft selbst zu gestalten.
(Autor: Roni Vonmoos-Schaub)[:]